Fedustria
Steigende Kosten setzen belgische Möbelindustrie unter Druck

Die Nachfrage nach Möbeln in Belgien ist seit dem zweiten Quartal dieses Jahres erheblich zurückgegangen. Wie die Fedustria, der belgische Verband der Textil-, Holz- und Möbelindustrie mitteilt, war dies umso mehr der Fall, weil Verbraucher ihr Familienbudget nach Corona erneut für ihre Freizeit wie Gastronomie oder Reisen verwenden konnten oder das Geld angesichts des bevorstehenden Winters auch immer öfter für die Zahlung der hohen Energierechnungen benötigen.

Die Möbelbranche, und folglich die gesamte Fertigungsindustrie, befinde sich somit inmitten eines Sturms: Steigende Kosten für Energie, Rohstoffe und Personal (durch die aufeinanderfolgenden automatischen Lohnindexierungen) bei einer gleichzeitig rückläufigen Nachfrage setzen die Gewinnspannen und die Wettbewerbsfähigkeit erheblich unter Druck und schaffen vor allem Unsicherheit darüber, was 2023 bringen wird.

Nach einem guten Jahr 2021 mit einer Umsatzsteigerung von knapp unter 10% begann die belgische Möbelindustrie das Jahr 2022 mit vorsichtigem Optimismus. Die Hersteller berücksichtigten, dass es nach einer starken Nachfrage durch Investitionen in Interieur/Exterieur und Renovierungen von Wohnungen während der Coronakrise einen leichten Rückgang geben würde, wurden aber von der kräftigen Inflation, der Energiekrise und dem Einmarsch Russlands in die Ukraine Ende Februar überrascht.

Diese Entwicklungen führten zu beispiellosen Preissteigerungen für nahezu alle Rohstoffe und Materialien, was erst wirklich zu einem freien Fall des Verbrauchervertrauens sorgte, und den Konsum nachhaltiger Investitionsgüter abbremste.

Im ersten Halbjahr 2022 betrug der Umsatz der belgischen Möbelindustrie 1.190,5 Mio. Euro, das bedeutet eine Steigerung um 2,9% im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021. Im selben Zeitraum stiegen die Absatzpreise jedoch um 15,7%, wodurch die Branche reell (Volumen) einen faktischen Umsatzrückgang von 13% verzeichnet. 2021 stieg der Umsatz im Vergleich zu 2020 noch um 9,9%. Diese Preissteigerungen sind auf die gestiegenen Rohstoff-, Material-, Energie- und Lohnkosten zurückzuführen, unter anderem angeheizt durch die hohe Inflation und den Krieg in der Ukraine.

Büro- und Wohnmöbel mit Plus

Büro- und Einzelhandelsmöbel verzeichneten eine markante Umsatzsteigerung, sowohl im Jahr 2021 als auch im ersten Halbjahr 2022. Wohnmöbel erlebten mit einem Plus von knapp unter 15% ein gutes Jahr 2021, aber in der ersten Jahreshälfte 2022 war die Aktivität etwas rückläufig und ergab eine bescheidene Umsatzsteigerung von 1,9%. Küchenmöbel bleiben populär und die Volumen blieben auf dem gleichen Niveau. Eine auffallende Feststellung ist der Rückgang bei Matratzen und Bettböden, sowohl im Jahr 2021 als auch in der erste Jahreshälfte 2022, jedenfalls den offizielle Statistiken zufolge.

Investitionen und Auslastungsgrad der Produktionskapazität

Im ersten Halbjahr 2022 investierte die belgische Möbelindustrie 37,5 Mio. Euro, was einen Rückgang von 1,3% im Vergleich zum selben Zeitraum 2021 bedeutet. 2021 wurden insgesamt 74,5 Mio. Euro investiert und blieb das Investitionsvolumen im Vergleich zum vorhergehenden Jahr auf demselben Niveau.

Beschäftigung im belgischen Möbelsektor

719 Unternehmen beschäftigten im Jahr 2021 9.824 Mitarbeiter, was einen Rückgang um 82 Beschäftigte im Vergleich zum Jahr 2020 darstellt. Die Beschäftigung blieb folglich trotz der Coronakrise und unter anderem dank dem System der vorübergehenden Arbeitslosigkeit relativ stabil. Unternehmen aus dem Möbelsektor suchen jedoch weiterhin permanent technisch ausgebildete Mitarbeiter, um den Abgang älterer Arbeitnehmer auszugleichen.

Rückgängige Bestellungen im Möbelhandel

Gemäß der monatlichen Umfrage der Belgischen Nationalbank wiesen die eingegangenen Bestellungen im belgischen Möbelhandel in den ersten 8 Monaten des Jahres 2022 kumuliert einen Rückgang um 4,3% auf. Lediglich im Januar und im April konnten noch positive Zahlen verzeichnet werden. Auch der Sommerschlussverkauf verlief eher negativ.

Import rückläufig, Export stabilisiert

In der ersten Jahreshälfte 2022 stieg der Export von belgischen Möbeln (einschließlich Transit) um 1% im Wert im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2021. Unter Berücksichtigung der Selbstkostenpreissteigerung bedeutet dies jedoch einen Volumen-Rückgang. Es wurden für knapp 870 Mio. Euro an Möbeln exportiert, wobei Frankreich noch stets der wichtigste Exportmarkt für belgische Möbel ist, und eine Steigerung von 8,5% verzeichnete. Der Export in die Niederlande sank um 0,9% und der Export nach Deutschland um 2,8%. Innerhalb der EU wurde Spanien zum 4. Exportmarkt.

Im Einklang mit dem Rückgang der Nachfrage sank auch der Wert des Möbelimports global um 5,2%, der Import aus anderen Ländern aus der Europäischen Union selbst um 18,5%. China (+14,4%), Indonesien (+51,2) und Vietnam (+57%) erhöhten ihre Bedeutung auf dem belgischen Möbelmarkt. Der Rückgang von Containerpreisen und die Aufhebung der Corona-Einschränkungen können dabei sicherlich eine Rolle gespielt haben, aber auch 2021 war der Import aus diesen Ländern bereits im Anstieg begriffen.

Erwartete Schwächung

Dem Wirtschaftsaufschwung nach der Coronakrise wurde im Herbst 2022 Einhalt geboten. Die russische Invasion in der Ukraine hat zu einer noch nie dagewesenen Explosion der Energiepreise in der EU geführt, erneut mit Störungen in der Anlieferung von Rohstoffen und Materialien. Die hohen Rohstoff- und Energiepreise sowie auch die rasch steigenden Lohnkosten aufgrund der anhaltenden Inflation wirken sich negativ auf die wirtschaftlichen Aktivitäten aus. Der erwartete wirtschaftliche Rückfall in der EU sowie auch die rückläufige Konjunktur im Bausektor haben starke negative Auswirkungen auf die Möbelindustrie. Darüber hinaus reduziert der westliche Verbraucher seine Ausgaben, weil zu viel Kaufkraft in die teure Energierechnung fließt.

Den Prognosen des Föderalen Planbüros zufolge soll die belgische Wirtschaft im Jahr 2022 um 2,6% wachsen, und um lediglich 0,5% im Jahr 2023. Durch die galoppierende Inflation wird das Wirtschaftswachstum im vierten Quartal 2022 und im ersten Quartal 2023 zum Erliegen kommen. In der EU, dem wichtigsten Exportgebiet für die Möbelindustrie, soll das Wirtschaftswachstum im Jahr 2022 2,7% betragen. Im Jahr 2023 soll die EU-Wirtschaft erwartungsgemäß um 1,5% steigen (EU-Wirtschaftsprognosen Sommer 2022).


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